Großübung im ICE-Tunnel: Einsatzkräfte proben den Ernstfall bei Zugunglück
Ein erschreckendes Szenario, das niemand erleben möchte: Ein Zug entgleist in einem Tunnel, zahlreiche Menschen sind verletzt, einige sterben. Um auf genau solch einen Notfall vorbereitet zu sein, führte die Stadt Coburg in Zusammenarbeit mit verschiedenen Rettungsdiensten und der Deutschen Bahn eine umfassende Katastrophenschutzübung durch. Über 700 Beteiligte, darunter 500 Einsatzkräfte und 150 Statisten, probten am Samstagabend den Ernstfall im ICE-Tunnel bei Rögen.
Gegen 23 Uhr erfolgte die Alarmierung: Ein Zugunglück im Tunnel Feuerfelsen auf der Strecke Nürnberg-Erfurt. Der Franken-Thüringen-Express war mit einem unbekannten Objekt kollidiert und mehrere Achsen waren entgleist. Die Einsatzkräfte wurden über die unklare Situation der Oberleitung informiert – eine zusätzliche Gefahrenquelle. Der Tunnel selbst erschwerte die Rettungsarbeiten aufgrund der Dunkelheit und der engen Verhältnisse, sodass die Rettungskräfte unter schwerem Atemschutz und bei begrenztem Licht arbeiten mussten.
Realistisches Szenario und ungewöhnliche Herausforderungen
Die Großübung, die unter möglichst realitätsnahen Bedingungen stattfand, stellte hohe Anforderungen an die beteiligten Einsatzkräfte. Rund 120 „unverletzte“ Statisten bewegten sich aufgeregt zu den Notausgängen, viele waren unter „Schock“ und reagierten teils laut und unkooperativ. Währenddessen kämpften die Retter, um die schwer und mittelschwer verletzten Personen aus dem Zug zu bergen. Der Einsatzleiter der Feuerwehr, Christoph Weichler, koordinierte das Zusammenspiel der rund 200 Feuerwehrleute, die Verletzte mithilfe von Rollpaletten zu den Notausgängen transportierten, wo der ASB und das Bayerische Rote Kreuz sie versorgten. „Wir waren mental auf alles vorbereitet“, so Kreisbrandinspektor Stefan Zapf, „doch die Tunnellage, das fehlende Licht und die anspruchsvolle Rettung auf verschiedenen Höhenebenen machen solche Einsätze besonders schwer.“
Notfallabläufe und Alarmierungskonzepte auf die Probe gestellt
Die Übung diente nicht nur der Überprüfung der technischen und personellen Einsatzfähigkeit, sondern auch der Abstimmung der Alarmierungskette, so der Pressesprecher der Stadt Coburg, Louay Yassin. Die Zusammenarbeit verschiedener Rettungsorganisationen, die rasche Errichtung von Patientenablageplätzen und die reibungslose Kommunikation mit der Notfall-Leitstelle der Deutschen Bahn standen dabei ebenfalls im Fokus. „Wir möchten auf diese Weise sicherstellen, dass im Ernstfall alle Einsatzkräfte perfekt aufeinander abgestimmt arbeiten können“, betonte Steffen Griep, Leiter Betrieb der Deutschen Bahn.
Auch Oberbürgermeister Dominik Sauerteig zeigte sich nach Abschluss der Übung zufrieden: „Die Übung verdeutlicht, wie gut vorbereitet unsere Rettungskräfte sind. Solche komplexen Einsätze zeigen, wie wichtig gezielte Trainingseinheiten sind.“
Monitoring soll Schwachstellen aufzeigen
Ein Novum bei dieser Übung war der Einsatz moderner GPS-Logger zur digitalen Erfassung der Bewegungsmuster von Verletzten und den 130 Rettungskräften des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) und des Arbeiter-Samariter-Bunds (ASB) aus den Kreisverbänden Coburg, Kronach und Lichtenfels. Diese Geräte erlauben eine präzise Analyse der Einsatzabläufe und bieten wertvolle Einblicke, um die Effizienz bei Rettungseinsätzen weiter zu optimieren. Die wissenschaftliche Auswertung erfolgt im Rahmen eines Studienprojekts der Hochschule für angewandte Wissenschaften Hamburg unter Leitung von Prof. Dr. Boris Tolg. Gemeinsam mit 21 Studierenden dokumentierte er die gesamte Rettungsaktion durch vorinstallierte Kameras im Zug, 360°-Kameras im Tunnel und GoPro-Kameras an den Rettungsplätzen.