Ahorn, 19. Juli 2024
Sehr geehrte Medienvertreter,
liebe Kollegen Bürgermeister,
seit Beginn meiner Amtszeit und auch schon davor als Mitglied der Kommission zur Aufarbeitung der Vergangenheit bei Regiomed habe ich mich für einen finanziell auskömmlich ausgestatteten Regiomed-Verbund eingesetzt.
Ich habe dabei – vor allem in den vergangenen 2 Jahren – sehr viel Zeit und Kraft investiert, 80-Stunden-Wochen und mehr waren keine Seltenheit. Dabei bin ich bis an meine körperlichen Grenzen gegangen, aber eine gute Gesundheitsversorgung für die Bürgerinnen und Bürger war und ist mir jede investierte Minute wert.
Der Kollege Landrat und ich haben in dieser Zeit alles unternommen, um Regiomed zu retten. Wir haben EK, Kassenkredite, Anteilsverschiebungen und vieles mehr mitgetragen und vorgeschlagen.
Jedoch war im alten Regiomed-Verbund mit gleichen Stimm-Anteilen bei unterschiedlichster Krankenhausgröße und weit auseinanderfallenden Vorstellungen der Gesellschafter leider kein sinnvolles Ergebnis zu erreichen.
Als entgegen den Vorstellungen des Krankenhausverbandes die Trennung des Regiomed-Verbundes beschlossen wurde und wir uns auf die Reise der Entflechtung gemacht haben, war der Erhalt der kommunalen Trägerschaft für mich ein wichtiges Anliegen. Auch um die Interessen der vielen tausend Beschäftigten zu wahren.
Angesichts der Irrungen und Wirrungen im Krankenhausbereich war eher nicht zu erwarten, dass ein leistungsfähiger und seriöser Klinikkonzern auf uns zukommen würde.
Dass ich heute also hier mit zahlreichen Kollegen Bürgermeistern aus dem Landkreis vor Ihnen sitze und mich für die Kooperation mit der Sana AG ausspreche, zerreißt mich fast innerlich. Das will ich ganz offen zugeben.
Aber ich kenne die hervorragenden Verhandlungsergebnisse mit der Sana AG.
Ich habe vieles davon selbst mitverhandelt.
Absolute Prämissen dabei waren für mich, waren für uns alle:
- gute und hochwertige medizinische Versorgung für die Bürgerinnen und Bürger,
- sicherer Arbeitsplatz und langfristige gute Bezahlung für die Beschäftigten
- gesicherter Klinikneubau
- Wahrung der Interessen von Stadt und Landkreis Coburg, aber auch die Interessen der Landkreise Lichtenfels, Sonneberg und Hildburghausen und damit auch Wahrung der Interessen der Bürgerinnen und Bürger bei allen Teilaspekten des Lebens
Wenn man die Entscheidung pro oder contra Sana unter diesen Prämissen bewertet, ist eine Kooperation des KHV als Immobilien- und Grundstückseigentümer mit Sana der einzig vertretbare und langfristig sinnvolle Weg.
Die Verantwortung als Oberbürgermeister des Oberzentrums für die gesamte Region lässt mir bei Betrachtung der Faktenlage gar keine andere Wahl das so deutlich zu formulieren.
Ich will Ihnen das gerne auch näher erläutern:
Die Stadt Coburg und mit ihr das Umland sind eine sehr lebenswerte Region.
Erst jüngst wurde uns das in einem Regionen Ranking des Instituts der Deutschen Wirtschaft bestätigt. Dort wird unsere Stadt auf Platz 3 der lebenswertesten Regionen deutschlandweit gelistet.
Eine Lebensqualität, die auch auf den Landkreis ausstrahlt. Ähnliche Rankings der Vergangenheit bewerten unsere Stadt ähnlich positiv.
Grundlage dieses hervorragenden Platzes sind einerseits die Wirtschaftsstärke unserer Stadt aufgrund namhafter großer Unternehmen, auch in Familienhand, die zum Wohlstand in der Region und zu einem sehr hohen Gewerbesteueraufkommen beitragen.
Zur Wahrheit gehört aber auch: Wir erkaufen uns diesen hervorragenden Platz an der Grenze zu Südthüringen fern der großen Ballungsräume auch mit sehr vielen freiwilligen Leistungen aufgrund unseres hohen Gewerbesteuereinkommen.
Wir bieten Rahmenbedingungen bei vielen Teilbereichen des gesellschaftlichen Lebens, die andernorts in vergleichbar großen Kommunen, Wunschtraum wären. Bei uns sind sie Realität.
Ich nenne hier beispielhaft Kunst und Kultur und das Landestheater. Neben der hohen Bezuschussung der Eintrittskarten steht hier eine Generalsanierung an. Hohe Millionenbeträge wurden in das Globe investiert. Die Stadt wird hier für Generalsanierung und Theaterbetrieb weiterhin hohe Millionenbeträge aufbringen müssen.
Oder die überwiegend städtisch finanzierte Bildungslandschaft von Krippen, Kitas über Schulen. Kurze Bein, kurze Wege, die Kleinteiligkeit bei Schulen und Kitas, all das bezahlen wir aus eigener städtischer Finanzkraft. Staatliche Förderung erfahren wir hier als Stadt Coburg kaum.
Unsere Jugendsportförderung ist einzigartig und bietet Rahmenbedingungen, auch um junge Menschen nicht permanent in der digitalen Welt abdriften zu lassen.
Über kurz oder lang wird das Aquaria neu gebaut werden müssen. Auch das ein mittlerer 2-stelliger Millionenbetrag.
Zusätzlich bezuschussen wir jede einzelne Eintrittskarte ins Aquaria. Der Eintritt müsste sonst deutlich höher ausfallen.
Über die Tochtergesellschaft SÜC trägt der Konzern Stadt Coburg zwischenzeitlich fast 10 Millionen für ÖPNV und Schwimmbadbetrieb.
Wir können in das gesellschaftliche Miteinander investieren beispielsweise durch das Haus am See in Wüstenahorn oder das AWO-Mehrgenerationenhaus oder städtische Infrastruktur in vielen Stadtteilen.
Das alles kostet natürlich Geld. Sehr viel Geld, das wir dafür gern für die Lebensqualität in der Region ausgeben.
Wir stehen aber zugleich vor der Herausforderung, dass die Steuereinnahmen nicht mehr steigen wie in der Vergangenheit, sondern eher sinken. Die Zinsen sind gestiegen.
Es muss also allen Mitglieder aus Stadt und Landkreis bewusst sein, dass die hohen dreistelligen Millionenbeträge, die eine kommunale Trägerschaft des Klinikums mit sich bringt, zwangsläufig dazu führen werden, dass diese Rahmenbedingungen, die maßgeblich zur Lebensqualität in der Region beitragen, massiv beschränkt werden müssen.
Die Zukunftsfähigkeit unserer Region und die Lebensqualität in allen Teilbereichen des Lebens ist von großer Bedeutung. Und sie steht auf dem Spiel.
Wollen wir wirklich zu einer Region werden, die bundesweit irgendwo hinten in den Rankings rangiert? Wo man sich kein Schwimmbad mehr leisten kann, keine Sanierung des Landestheaters, keine guten Schulen, keine schöne Innenstadt?
Mit der Sana AG steht auch nach der Einschätzung der HUK-Vorstände ein seriöser und leistungsstarker Profi der medizinischen Versorgung bereit, unsere Region zu unterstützen.
Die Kooperation mit Sana berücksichtigt alle Voraussetzungen: hochwertige Medizin für die Bürgerinnen und Bürger der ganzen Region, die berechtigen Interesse der Beschäftigten sowie den Klinikneubau.
Und natürlich verstehe ich all diejenigen, die sich in der Vergangenheit deutlich für den kommunalen Weg ausgesprochen haben und nun aus dieser Haltung schwer einen Ausweg finden.
Wir sollten also diesmal nicht mit dem Bauch, sondern mit dem Kopf abstimmen. Wir sollten die Fakten entscheiden lassen und dieses Angebot annehmen.
Was wir nicht tun sollten, ist unsere Region unkalkulierbaren Risiken aussetzen.
Daher erhoffe ich mir von den Stadträten und Kreisräten bei der anstehenden Entscheidung, dass wir gemeinsam das Wagnis der kommunalen Trägerschaft mit all den Unbekannten und unbeeinflussbaren Fakten der Krankenhausreform nicht eingehen, auch wenn das Herz sagt, dass wir das tun sollten.
Wir sollten gemeinsam Verantwortung für die Lebensqualität in unserer Region übernehmen.
Für ein starkes Sana-Klinikum in einer starken Region.