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Stadt Coburg

17. Mai 2024

Ansprache zum Stadtempfang – Coburger Convent 2024

Alljährlich begrüßt Coburg die Gäste des Pfingstkongresses des Coburger Convent mit einem Stadtempfang im Kongresshaus Rosengarten. Hier finden Sie den Text der Begrüßungsrede von OB Dominik Sauerteig.

Begrüßung / Ansprache zum Stadtempfang – Coburger Convent 2024
am 17.05.2024 im Kongresshaus
 
Oberbürgermeister Dominik Sauerteig
 
Es gilt ausschließlich das gesprochene Wort!
Coburg, 17.05.2024 

 
Sehr geehrte Gäste des Coburger Convents, 
stellvertretend: sehr geehrter Herr Stech,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Coburger Stadtrats, 
sehr geehrte Ehrenringträger der Stadt Coburg,
liebe Stipendiatinnen und Stipendiaten der Coburger Gymnasien mit ihren Eltern und Lehrern, 
liebe Kolleginnen und Kollegen der Stadtverwaltung
sehr geehrte Gäste,

im Namen meiner Bürgermeisterkollegen Hans-Herbert Hartan und Can Aydin begrüße ich Sie alle zu unserem Stadtempfang anlässlich des Pfingstkongress des Coburger Convents. Und Sie, liebe Gäste des CC, begrüße ich zurück in Coburg.
Jetzt ist es also wieder soweit: Pfingsten. Für die einen der Start in die Ferien bzw. sogar in die schulische Freiheit. 
Für andere ein willkommenes langes – hoffentlich sommerliches – Wochenende. Für wieder andere die Geburtsstunde der christlichen Kirche. 
Und für uns Coburgerinnen und Coburger?

Nun ich würde sagen, für uns Coburgerinnen und Coburger und auch für Sie, liebe Gäste des CC, ist es ein besonderes Wochenende. 
Für Sie ist es ein jährliches Treffen mit Freunden, alten Bekannten, langjährigen Weggefährten. 
Für uns alle ist es das Wochenende einer langen Tradition. Ganz Coburg steht im Zeichen des Pfingstkongresses. Manche mit Vorfreude, manche mit Unbehagen. Die meisten wohl aber eher desinteressiert an dem was passiert.
Es sind noch etwas mehr Menschen als sonst an in der Stadt, Gäste und Einheimische genießen gemeinsam unser Coburg-Flair.
Für Coburg ist es in den vergangenen Jahren aber auch ein Wochenende der Meinungsverschiedenheiten, der Konfrontation und der Auseinandersetzung geworden. 
Und harter Positionen. Es ist ein Wochenende, das uns wohl mehr in die Medien bringt als fast alles andere es jemals schaffen könnte. 
Die Schlagzeilen und Berichte aus Tagesspiegel, Süddeutscher, aber auch in NP und CT kursieren auch dieses Jahr wieder weitverbreitet auch über die DPA. 
 
Doch keine Angst, ich möchte heute mit Ihnen weder vertieft über Vorkommnisse vergangener Jahre oder Fackelzüge sprechen. Dafür haben wir am Montag ja noch ausreichend Zeit. 
Ich lade Sie alle ein, sich heute mit mir gemeinsam etwas abzuschweifen und sich eine etwas größere Frage zu stellen: 
Wie viel Intoleranz, wie viel Egoismus und wie viel Zwietracht verträgt eigentlich unsere Gesellschaft? Wie viel verkraftet unsere Demokratie?
Ich stelle diese Frage, weil nicht nur hier in Coburg und an Pfingsten immer stärker die Meinungen aufeinanderprallen. 
Sondern auch weil hier vier junge Menschen sitzen, die ihre Schulzeit offensichtlich mit sehr viel Engagement beendet haben und die nun die Chance haben, unsere Zukunft mitzugestalten. 
Und ihnen und allen anderen jungen Menschen gegenüber sind wir verpflichtet, uns diese Frage zu stellen. 
In Sachsen wird ein SPD-Politiker beim Plakatieren für die Europawahl zusammengeschlagen. Tage später werden zwei Grünen Politiker in Dresden angegriffen. Der slowakische Ministerpräsident wird diese Woche angeschossen. 
Beim eigentlich traditionell unpolitischen ESC wird eine Sängerin beleidigt und angegriffen, weil sie ihre Heimat Israel vertritt.

Bürgerinnen und Bürger, die nicht von hier zu kommen scheinen, aber selbstverständlich zu uns gehören, fürchten sich vor Pöbeleien und vor den möglichen Entwicklungen in unserer Gesellschaft und den damit verbundenen Konsequenzen für ihre Familien.
Auch in den sozialen Medien und im Internet verschärft sich der Ton und befeuert diese Entwicklungen: In Communitys auf Telegramm, aber auch auf allen Plattformen, sind die Hemmungen gesunken andere zu beleidigen, anzugreifen, klein zu machen und zu bedrohen. 
Es wird Meinung gemacht, andere werden aufgehetzt. Häufig ohne tiefes Hintergrundwissen. Und das gilt häufig tatsächlich leider oft für alle Seiten.
Wie viel Intoleranz, wie viel Egoismus und wie viel Zwietracht verträgt eigentlich unsere Gesellschaft? Wie viel verkraftet unsere Demokratie?
Wir spüren eine immer stärkere Spaltung in unserer Gesellschaft. Immer mehr schwarz und weiß, immer stärkere Meinungsbilder. 
Das Grau in seine vielfältigen Abstufungen verschwindet und mit ihm die Bereitschaft, andere Meinungen anzuhören, zu akzeptieren und sich im Austausch von Argumenten auch mal anzunähern. Ganz zu schweigen von den Farben.

Das führt dazu, dass man auch als Politiker auf lokaler Ebene, wo es doch um die Sache geht und selten um Parteipolitik, bei Diskussionen über eigentlich sachliche, mit Fakten zu diskutierende Themen an den Pranger gestellt statt in eine demokratische Diskussion wirklich integriert wird.  
Bist du für oder gegen die Aufnahme von Flüchtlingen? Bist du für oder gegen E-Autos? Bist du für oder gegen Europa? Oder in den Vorjahren: Bist du für oder gegen die Corona-Maßnahmen? Bist du für oder gegen den vierspurigen Ausbau der B4? 
Bist du für oder gegen den CC?
Es gilt nur schwarz oder weiß.
Ein Abwägen, ein Austauschen von Argumenten – es ist selten geworden. Ja es ist sogar noch schlimmer: Häufig werden sachliche Argumente und Fakten gar nicht mehr gehört. 
Viel Meinung kommt oft in Personalunion mit wenig Wissen. 
Doch was tun? Denn die Frage bleibt: 
Wie viel Intoleranz, wie viel Egoismus und wie viel Zwietracht verträgt eigentlich unsere Gesellschaft? Wie viel verkraftet unsere Demokratie?
Mir ist es durchaus bewusst, dass die Zeiten zumindest gefühlt irgendwie schlechter werden. Das spüren wir alle und es macht uns Sorge:

Steigende Kosten für alle Bürgerinnen und Bürger, leere Stadt- und Staatskassen, große Projekte vor der Brust. Egal ob im kleinen Coburg oder im großen Deutschland oder eben global: Ja, dass wir alle uns sorgen, es ist verständlich. 
Dazu kommt die große Gewitterwolke Klimaschutz über unseren Köpfen. Die auch dazu führen könnte, dass manche Teile der Erde unbewohnbar werden und die Flüchtlingsströme zunehmen werden. 
Offensichtlich kommt der Wolkenbruch immer näher, es gibt Lösungen, aber uns fehlt der Mut, um ihn zu verhindern. Und auch hier: Statt gemeinsam konstruktiv zu arbeiten, sind die Meinungsfronten verhärtet. 
Mir und uns allen ist auch bewusst, dass die etablierten Parteien aller Farben für diese Themen häufig keine sehr zufriedenstellenden, vor allem aber keine einfachen, schnellen Lösungen haben. In einer komplexen und komplizierten Welt gibt es leider keine einfachen Lösungen. Wer das vorgibt, ist dumm oder lügt.
Und es fehlt vor allem in der Politik an konstruktiver Zusammenarbeit. 
Doch aus Protest Pfade zu gehen, die unsere Demokratie gefährden – das ist definitiv kein Weg. 
Gott sei Dank, scheint das auch ein Großteil der Bürgerinnen und Bürger (wieder) zu sehen.
Unsere Gesellschaft gerät an ihre Grenzen, wenn wir weiter mit konsequenter Intoleranz, übersteigertem Egoismus und destruktiver Zwietracht handeln. 
Das ist nicht das, was wir den jungen Menschen vorleben sollten. Nicht vorleben dürfen.
Lassen Sie uns zurückkommen zu einem gesunden, politischen Diskurs. Und zu einem Miteinander. Ich denke, dass wir auch die großen Herausforderungen am besten miteinander bestehen können. Wir müssen wieder lernen, die andere Meinung auszuhalten und mit Fakten zu diskutieren.
Denn wovon unsere Gesellschaft lebt ist Vielfalt, ist ein offenes Miteinander, ist die Akzeptanz der anderen, das Lernen von anderen. Ist auch die Tatsache, in einen offenen Diskurs zu gehen. 
In unserer Demokratie ist Platz für jeden, der sich innerhalb der demokratischen Spielregeln bewegt.
Und unsere Demokratie kann unterschiedliche Meinungen und Positionen aushalten.
In einer Demokratie hat zum Beispiel auch in Coburg beides Platz: Der Wunsch Traditionen zu leben. Aber auch der Wunsch, auf Akte zu verzichten, die an weniger demokratische Zeiten erinnern. 
Lassen Sie uns miteinander reden. Aufeinander zugehen. Im Sinne unserer Demokratie und unserer freiheitlichen Gesellschaft. Ich bin froh, dass ich auch hier bei uns einen Weg des aufeinander Zugehens sehe. 

Bei der Stadt Coburg haben in diesem Jahr in unserer Verwaltung das Jahresmotto Wertschätzung ausgegeben. Wir wollen genauer hinschauen, wo Wertschätzung entsteht, wie sie ausschaut und wo sie vielleicht auch fehlt. Um die Verwaltung gemeinsam ein Stückchen besser und zukunftsfähig zu machen. 
Gemeinsam ist, denke ich, auch ein gutes Stichwort: Machen, statt meckern! Das haben sich die Kolleginnen und Kollegen auf die Fahne geschrieben. Es ist denke ich ein gutes Motto für die heutige Zeit!
An dieser Stelle möchte ich daher abschließend – ganz im Zeichen der Wertschätzung – auch sehr herzlichen den Kolleginnen und Kollegen der Stadtverwaltung danken, die diesen Empfang heute organisiert haben, genauso dem Catering-Team von David Vavra sowie unseren tollen Musikanten von der Musikschule Coburg. 
Vor dem Buffet freuen wir uns über weitere Musik.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Und den CC-Gästen einen friedlichen und angenehmen Aufenthalt in unserer schönen Stadt.