Caroline Stößel, Tochter eines Coburger Hofadvokaten und damit zur gehobenen Schicht des Bürgertums gehörend, stellte „bei Hofe“ den Antrag auf Gründung einer „Schule zur Erziehung von Töchtern gebildeter Eltern“. Am 6. Mai 1852 wurde im Beisein von Herzogin Alexandrine diese neue Schule eröffnet, der die Herzogin den Namen „Alexandrinenschule“ verlieh. Ausgebildet wurde Caroline als Erzieherin und Gouvernante, ein Studium war Frauen damals in den deutschen Fürstentümern verboten. Das Casimirianum und das 1848 gegründete Ernestinum stand nur männlichen Heranwachsenden offen, für Mädchen gab es keine höhere Schule. Es gab nur die Bürgermädchenschule - vergleichbar der späteren Volksschule, wer es sich leisten konnte, ließ seine Töchter in „Privatinstituten“ erziehen. Carolines Ziel war es, ein öffentliche - höhere - Schule zu gründen, zu leiten und auch die finanziellen Risiken für eine solche Einrichtung zu tragen. Daher musste sie wohlhabende Familien für dieses Projekt gewinnen und das gelang ihr sehr gut. Untere Stände waren ausgeschlossen: Das monatliche Schulgeld entsprach dem Wochenlohn eines einfachen Arbeiters. Caroline Stößel war darauf angewiesen, dass die - männlichen - Lehrer der weiterführenden Coburger Schulen sich von ihr zur Mitarbeit anwerben ließen. Frauen gab es nicht im Lehrerberuf. Damit waren die Konflikte vorhersehbar: Caroline Stößel sah sich als Schulleiterin - „Vorsteherin“ - also Vorgesetzte von Männern. Doch damit wurde für diese Männer gegen die vorherbestimmte - männliche - Ordnung verstoßen. Ein Zitat aus einem Brief eines solchen Lehrers: Für sie sei es wohl „eine besondere Genugtuung“ ihm - dem Mann - „das Wort „Vorsteherin“ recht oft zum Hören zu geben.“ Die pädagogischen Fähigkeiten Caroline Stößels wurden in Zweifel gezogen, ihr Benehmen sei „unpassend“. Nach langen und heftigen Auseinandersetzungen mit dem Lehrerkollegium quittierte Caroline Stößel „aus gesundheitlichen Gründen“ den Dienst. Das Mobbing war erfolgreich. 1878 stirbt sie „nach langem, schwerem Leiden.“
Weitere Infos:
- Winfried Bohley: Ohne „weiblich-schöne Seele“: Caroline Stößel (1828–1878), die Gründerin der Alexandrinenschule. In: „Seien Sie doch vernünftig!“ - Frauen der Coburger Geschichte; Hrsg. von Gaby Franger, Edmund Frey, Brigitte Maisch, Coburg 2008, S. 146-159.